REGENSBURG.Der Jogger gibt die Richtung an. Vor himmelblauem Hintergrund läuft er nach rechts, den Walkman im Ohr, nichts kann ihn aufhalten. Der beinahe piktogrammartige Siebdruck „Taxi Driver.2“ des englischen Künstlers Julian Opie lebt von der Spannung zwischen der Banalität des Läufers mit Baseballmütze und dem grenzenlosen und daher leicht überirdisch blauen Hintergrund. Und rechts, dort, wo er hinläuft? Da wuchert endloses Grün, ein regelrechter grüner Exzess, ein einziger Rausch von Grün.
Den hat Markus Orsini-Rosenberg angerichtet, auf einer ganzen Reihe von Ölbildern, die dicht an dicht an der Wand hängen. Der Wiener Maler versetzt den Betrachter mit einer Direktheit und Unmittelbarkeit mitten in den Dschungel, dass einem der Titel „Park“ wie eine gehörige Untertreibung erscheint. Nicht nur, dass die Natur hier völlig ungestutzt ist, sie hat auch keinen Anfang und kein Ende, keinen perspektivischen Rahmen, sie umfängt den Betrachter völlig.
Die Ausstellung „colour me spring“ in der Galerie Andrea Madesta (Wahlenstraße/Ecke Kramgasse in Regensburg) verspricht nicht zu viel. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt – und zwar in jeder Hinsicht. Zuallererst wortwörtlich und buchstäblich: Was hier an Farben zu sehen ist, hat nichts mehr mit der gebotenen bürgerlichen Mäßigung zu tun, sondern ist mit dem Begriff „Orgie“ besser umschrieben.
Hündchen in Magenta-Metallic
Denn kaum hat man sich von dem grünen Sog losgerissen, poppen und ploppen Andy Warhols „Sunday B. Morning-Flowers“, eine vierteilige Farbserigrafie von 1970 in Gelb, Orange, Rosa, Blau, Violett und Grün auf. Und gleich neben diesem klassischen Kitschknaller lauert Jeff Koons mit seinem „Ballon Dog Magenta“ von 2015, einem wie aus einer Luftballonschlange zusammengeknoteten Schoßhündchen in Magenta-Metallic – vor silbern reflektierender Porzellanschale, versteht sich, alles andere wäre unangemessen. Eine Negierung des „guten Geschmacks“, die in ihrer Konsequenz und Unbedingtheit Maßstäbe setzt. In der Einladung heißt es, es seien „Malerei, Fotografien, Siebdrucke und Objekte sowohl von international anerkannten Künstlern als auch von jungen Talenten“ zu sehen. Womit eine weitere Eigenart dieser Ausstellung genannt ist: Da stehen die Weltstars wie Markus Lüpertz (vertreten mit einer ganzen Reihe wunderlich schräger, handbemalter Bronzeskulpturen im Schaufenster) neben dem Kelheimer Künstler Heiner Riepl (von dem zwei abstrakte Zwillingsgemälde zu sehen sind).Riepl ist vor ein paar Tagen 70 Jahre alt geworden und fällt von daher nicht mehr ganz unter die Kategorie „junges Talent“. Aber gerade das ist das Schöne an „colour me spring“, dass Andrea Madesta nicht in den üblichen Schablonen denkt, sondern einfach nur das Kunstwerk vor Augen hat. Und da ist es dann sehr egal, ob ein Künstler seit Jahrzehnten rauf und runtergefeiert wird, oder ob er, vom Kunstmarkt unbeachtet erstklassige Bilder malt.Streng geometrische FormenDie Frühlingsfarbenschlacht nimmt zwischendurch auch streng geometrische Formen an. Da blickt der Düsseldorfer Minimalist Imi Knoebel mit dem handlichen Farbbalkenporträt „Face“ von der Wand: ätherische Abstraktion vom Feinsten.Sehr konkret dagegen malt Lisa Beane. Die junge Künstlerin stellt mit ihrem großformatigen Gemälde „Puerto Rico“ das aktuellste Werk. Es ist bevölkert von Soldaten, Jägern, „sitting ducks“ (sitzende Enten, leicht zu treffen) sowie von einem Bot – es ist der russische Bot, der den USA Trump beschert hat. Auf den US-Präsidenten bezieht sich auch der Titel: Trump habe, erklärt Beane, nach den Hurrikanes, die Puerto Rico im Jahr 2017 verwüsteten, nicht gewusst, dass die Puertoricaner US-Staatsbürger sind. Unten links auf dem Gemälde sprießt – colour me spring! – der Löwenzahn als Repräsentant des unverwüstlichen Lebens. Es wird, so hofft die Künstlerin, auch die Trump-Attacke überstehen.